Nicht richtig krank, aber auch nicht gesund?
Viele Menschen fühlen sich nicht richtig krank, aber auch nicht wirklich gesund. Denn Gesundheit bedeutet mehr, als die Abwesenheit von Krankheit. Es bedeutet, morgens voller Lebensenergie und Lebensfreude aufzuwachen, sich in seinem Körper wohl zu fühlen, im Alltag fit und belastbar zu sein, fröhliche und sonnige Gedanken zu haben und eine heiter-gelassene Stimmung – ja, auch unter Stress!! Kurzum, sich einfach rundum wohl zu fühlen, egal wie stürmisch der Alltag gerade ist.
Leider sieht die Realität bei vielen Menschen anders aus. Viele sind zwar im schulmedizinischen Sinne noch gesund, haben normale Blutwerte, normalen Blutdruck oder keine behandlungsbedürftigen Krankheiten, aber fühlen sich alles andere als gesund. Manche schleppen sich regelrecht durch den Tag, weil sie einfach keine Energie mehr haben und dauernd erschöpft sind. Viele Menschen schlafen dauerhaft schlecht. Oder haben ständig Schmerzen. Oder dauernde Infekte. Oder können sich schlecht konzentrieren. Oder haben eine ständig schlechte Stimmung, sind bedrückt, gereizt oder angespannt. Und noch viele Symptome mehr. Spätestens da sollte man handeln, denn damit sendet der Köper erste Signale, dass etwas nicht in Ordnung ist.. Auf solche Signale des Körpers sollte man reagieren.
In diesen Fällen ist es ratsam, zu allererst mal den Hausarzt aufzusuchen, um abzuklären, ob andere Gründe vorliegen. Und ja, man kann auch mit kleinen Beschwerden zum Arzt gehen, man muss nicht warten, bis man “richtig” krank ist. Das Auto bringt man ja auch zur Inspektion, wenn eine Warnlampe leuchtet, und nicht erst dann, wenn es einen Motorschaden hat. Ärzte können dabei viel helfen.
Und es schadet nicht, sich selbst auch ein bisschen Wissen anzueignen. Leider gibt es keine richtige Bedienungsanleitung für unseren Körper - das wäre ein dickes Buch von A wie “Artgerechte Ernährung für Menschen” bis Z wie “Zur Ruhe kommen nach stressigen Phasen”. Ich bin davon überzeugt, wenn Kinder das schon in der Schule lernen würden, dann wäre es im späteren Leben bisschen einfacher. Und ja, unser Körper verzeiht unglaublich gutmütig teilweise jahrelange Fehler. Rauchen, Alkohol, ständiger Stress, jahrelange Fehlernährung und vieles mehr -manche sind wirklich nicht so nett zu sich. Und nach Jahren geht das irgendwann schief.
Viele meiner Patienten reden sich ihre schlechte Lebensweise irgendwie schön. Hat Helmut Schmidt nicht auch geraucht? Und der ist immerhin alt geworden. Oder Churchill, der hat NIE Sport gemacht. Aber erstens, wer weiß, wie alt die beiden geworden wären, wenn sie noch besser auf sich aufgepasst hätten, und zweitens, es gibt immer Ausnahmen. Es gibt auch Nichtraucher, die an Lungenkrebs erkranken - das Leben ist nicht immer gerecht. Nur die meisten Menschen sind keine Ausnahmen, sondern ernten irgendwann das, was sie lange gesät haben.
Dabei funktioniert das glücklicherweise genauso in die andere Richtung. Es gibt jede Menge eigene Regulationsmöglichkeiten des Körpers, die man gut unterstützen kann - mit guter Ernährung, mit Achtsamkeit, mit Stress-Abbau, mit verschiedenen Behandlungen. Und mit etwas Geduld und guter Pflege kommt man aus so einem Zustand dann auch wieder heraus, der eine etwas schneller, und der andere etwas langsamer. Ich freue mich immer mit meinen Patienten mit, wenn ich sie nach einer Weile wieder in ihrem “normalen” Zustand erlebe. Man sieht das an ALLEM, wenn es den Leuten wieder besser geht: am Gang, an dem Glanz der Augen, an der Haut, an der Stimme, an den Plänen, die jemand (wieder) macht. Am Gewicht, das sich normalisiert. Und an der positiven Ausstrahlung, die jemand wieder hat.
Photo by Jared Rice